2012-02-09

Vorteile der Preisflexibilität auch für kleine Buchhandlungen

In der Schweiz stimmen wir im kommenden März über ein Gesetz ab, dass im Buchmarkt ein staatlich geschütztes, privates Monopol einführen soll (Bundesgesetz über die Buchpreisbindung BuPG). Das hehre Ziel des Schutzes des »Kulturguts Buch« wird aufs Schild gehoben und mit den hergebrachten, kleinen Buchhandlungen gleichgesetzt. Die Befürworter betonen, dass ein flexibler Preis besser ist, lassen aber leider das Argument des ruinösen Preiswettbewerbs unbeantwortet. Was also wären die innovativen Modelle, die auch kleinen Buchhandlungen offen stehen? Drei Varianten, die mit der Buchpreisbindung verboten würden:

  1. Preis niedriger als 'normaler' Verkaufspreis
    Ein neuer, nach Überzeugung des Händlers aufsteigender Autor kann dem bestehenden Kunden z.B. mit Rabatt zu seinem sonstigen Einkauf dazu angeboten werden (Aktion, Kombinationsrabatt). Das fördert nicht nur diesen Autor, denn der zufriedene Kunde wird für den 'Nachkauf' wieder vorbeischauen. 
  2. Preis höher als 'normaler' Verkaufspreis
    Ein Buch kann zu bestimmten Anlässen auch zu einem höheren Preis als 'üblich' verkauft werden. Bspw. anlässlich einer Signierstunde nach einer Lesung, der Krimi am Abend der Aufführung des lokalen Theaters, ...
  3. Verkauf ohne bestimmten Preis
    Vertraue ich auf die Empfehlungen meines Buchhändlers, könnte er mir ein Jahres-Abonnement z.B. monatlicher Krimi-Sendungen verkaufen. Der Buchhändler hat so langfristig sicheren Umsatz ohne dass dem einzelnen Buch ein bestimmter Preis zuzuordnen wäre.

Und schliesslich gibt es immernoch viele Möglichkeiten der Kundenbindung die der lokale Buchhandel nicht umsetzt:

  1. Wieso kann ich meine alten Bücher nicht beim lokalen Buchhändler zum Second-Hand-Verkauf abgeben? Ich wäre im Laden und würde vielleicht auch gleich noch was kaufen. Und ich muss mich nicht mit Verpackung und Porto rumschlagen... ein Vorteil, den Amazon nie haben wird! 
  2. Wieso vermittelt der Buchhandel keine 'Gleichgesinnten'? Wieso bietet er keinen Raum für Buchclubs und Leseratten?
  3. ...

Es scheinen mir viele ungenutzte Möglichkeiten vorhanden, die nichts mit 'nur mit den Discountern gleichziehen' zu tun haben.

2012-01-30

Schweizer Monat: Das Buch ist eine Ware

So direkt wagte ich mich gar nicht, es auszudrücken:

http://www.schweizermonat.ch/artikel/das-buch-ist-eine-ware

Natürlich kann man immer anführen, Anekdoten seien keine wissenschaftlichen Beweise. Aber als Illustration zur zugrundeliegenden Argumentation können sie ganz nützlich sein.

2012-01-20

Brauchts die Buchpreisbindung für ein vielfältiges Buchangebot in der Schweiz?

In der Schweiz stimmen wir im kommenden März über ein Gesetz ab, dass im Buchmarkt ein staatlich geschütztes, privates Monopol einführen soll (Bundesgesetz über die Buchpreisbindung BuPG). Das hehre Ziel des Schutzes des »Kulturguts Buch« wird aufs Schild gehoben. Aber sieht man die befürchteten Auswirkungen nach vier Jahren ohne Preisbindung?

Die Befürchtungen der Befürworter einer Preisbindung gehen dahin, dass ohne fixierten Endverkaufspreis nur noch ein Bestseller-Discounteinheitsbrei angeboten würde. Wie ich bereits geschrieben habe, gibt es dafür im europäischen Ausland keine Bestätigung.

Aber vielleicht stellt der Schweizer Markt einen Sonderfall dar? Seit nun immerhin vier Jahren ist das Sammelrevers (die frühere Buchpreisbindung in der Deutschschweiz) aufgehoben. Selbst unter Annahme längerer Planungs-/Produktionsprozesse müsste eine Verflachung des Angebots inzwischen bemerkbar sein.

Eine Verflachung zum »Discounter-Einheitsbrei« lässt sich aber auch in der Schweiz nicht konstatieren. Die Zahl der produzierten Buchtitel gemäss BfS stagniert seit dem Milleniums-Wechsel auf hohem Niveau; eine Reduktion seit 2007 ist nicht eingetreten. Schweizer Verlage haben in den letzten Jahren ausserdem vermehrt lokale Autoren gesetzt; diese seien gar »stark auf dem Vormarsch«. Wie auch immer man diese Zahlen ansieht, ist das keine Verflachung.

2012-01-18

Brauchts die Buchpreisbindung für ein vielfältiges Buchangebot?

In der Schweiz stimmen wir im kommenden März über ein Gesetz ab, dass im Buchmarkt ein staatlich geschütztes, privates Monopol einführen soll (Bundesgesetz über die Buchpreisbindung BuPG). Das hehre Ziel des Schutzes des »Kulturguts Buch« wird aufs Schild gehoben. Aber braucht es für das Kulturgut wirklich eine Preisbindung?

Wohl niemand stellt den kulturellen Wert des Buchs in Frage - und niemand wünscht sich einen »Discounter-Einheitsbrei«, wie ihn die Befürworter der Buchpreisbindung befürchten. Ob allerdings mit einem fixierten Endverkaufspreis tatsächlich der Einheitsbrei vermieden wird (und nicht etwa irgendwelche Taschen gefüllt) sehe ich nicht belegt.

Immerhin stellte Prognos zuhanden des BAK fest, dass in den oft als Negativbeispielen genannten Grossbritannien und Schweden die Zahl der Buchtitel nach Aufhebung der Buchpreisbindung nicht abnahm (S.6). Ausserdem habe (mind. in UK) der Anteil von Haushalten unterer Einkommensklassen, die Bücher kaufen, zugenommen! Wohl kauften diese primär Bestseller - aber sie kauften neu überhaupt Bücher!

2012-01-17

Ist der Buchmarkt wirklich ein reiner Preismarkt?

In der Schweiz stimmen wir im kommenden März über ein Gesetz ab, dass im Buchmarkt ein staatlich geschütztes, privates Monopol einführen soll (Bundesgesetz über die Buchpreisbindung BuPG). Als hehres Ziel wird der Schutz des »Kulturguts Buch« ins Felde geführt - aber wie wichtig ist der Preis dafür?

Die Befürworter einer Buchpreisbindung meinen, Discounter mit beschränktem Sortiment bei niedrigen Preisen würden den Markt leerräumen. Der Preis soll also ein überragendes, wenn nicht gar das entscheidenste Differenzierungsmerkmal sein. Aber stimmt das? Der Einzelhandel in der Schweiz zeichnet sich eigentlich dadurch aus, dass der Preis eben nicht das alleinige Verkaufsargument ist. Einkaufserlebnis, Beratung, Service aber eben auch Sortimentsbreite und Lieferfristen sind nicht unerheblich!

Persönlich bin ich zum Beispiel vom Schweizer Online-Buchhandel enttäuscht: Schon verschiedentlich konnte ich gesuchte Bücher dort gar nicht finden - wohingegen Amazon immer mindestens Verweise aus mögliche Dritt-Anbieter bot. Gerne hätte ich (auch wegen der theoretisch kürzeren Lieferzeiten) Schweizer Anbieter berücksichtigt - ein paar Prozente Preisunterschied wären vernachlässigbar. Aber wenn ich erst mehrmals an verschiedenen Orten suchen muss? Das ist ein Deal Breaker...

Eine Differenzierung gegenüber Preistreibern bedingt natürlich innovative Modelle und Eingehen auf die Kunden - nur auf früheren Lorbeeren ausruhen führt nicht weiter. Aber auch mit fixierten Preisen bliebe dieser Wettbewerb nicht stehen - die Wirkungen würden allenfalls verlangsamt und einige eigentlich kompetitive Buchhändler würden eingehen, weil ihnen ein Instrument aus der Hand geschlagen wurde.

2012-01-16

Wer profitierte von der Buchpreisbindung?

In der Schweiz stimmen wir im kommenden März über ein Gesetz ab, dass im Buchmarkt ein staatlich geschütztes, privates Monopol einführen soll (Bundesgesetz über die Buchpreisbindung BuPG). Als hehres Ziel wird der Schutz des »Kulturguts Buch« ins Felde geführt - aber wer profitiert wirklich?

Wie bereits beschrieben, profitierten in der Version des Gesetzes keinesfalls die 'kleinen' Buchhandlungen: Im Gegensatz zum Sammelrevers (Buchpreisbindung in der Deutschschweiz vor 2007) ist eine Marge für den Buchhändler nicht fixiert, der Wettbewerb spielt also einfach 'von der anderen Seite'. Als zweites Argument wird aufgeführt, dass mittels Gewinnen aus auflagenstarken Bestsellern ebenso wichtige aber (derzeit) schlechter verkäufliche Bücher quersubventioniert würden. Dies sei nötig, um bspw. neue Autoren aufzubauen und dem Verleger das Risiko eines neuen Autors erst zu ermöglichen. Diese Argumentation hinkt von zwei Seiten:

Erstens ist es mit wie ohne Buchpreisbindung der Verlag selbst, der den Deckungsbeitrag durch seinen eigenen Preis gegenüber der Buchhandlung definiert. Der Endkundenpreis hat damit erst einmal herzlich wenig zu tun. Der Verleger unterscheidet sich nicht von beliebigen anderen Produzenten oder - um in der Kultur zu bleiben - 'Musiklabels'. Alle müssen mit Risiko umgehen und die Einführung eines neuen Produkts, neuen Künstlers oder eben neuen Autors begleiten. Ob und inwiefern es den Verlag in seiner klassischen Form zukünftig überhaupt noch braucht, lasse ich mal aussen vor (vgl. Musiklabel).

Zweitens wird vorausgesetzt, dass der Verleger zusätzliche Einnahmen tatsächlich uneigennützig zur Kulturförderung verwendet. Wieso 'uneigennützig'? Was ist hier der Hintergrund? Wenn der Verlag in seiner Risikobeurteilung davon ausginge, dass sich der Aufbau z.B. eines neuen Autors lohnt, bräuchte er dafür keine spezielle Quersubvention. Wenn das Gesetz ihm nun einen höheren Erlös zuschanzt, kann er ihn auf drei Arten einsetzen:

  1. Er kann ihn in zusätzliche Risiken stecken, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht lohnen. Das wäre Kulturförderung.
  2. Er kann sein normales, unternehmerisches Risiko abdecken. Damit erhöht er de facto seinen eigenen Gewinn.
  3. Er kann den zusätzlichen Ertrag direkt als Gewinn entgegennehmen.

Gerne will ich daran glauben, dass kleine Schweizer Verlage derart uneigennützig handeln und altruistisch Versuche zugunsten der Kultur eingehen. Tatsächlich werden aber 80% der Bücher in die Schweiz importiert! Dass deutsche, französische, italienische oder gar angelsächsische Grossverlage sich uneigennützig verhalten... diese Annahme halte ich für 'gewagt'.

Von der Buchpreisbindung profitierten demnach insb. ausländische Grossverlage und die grossen Buchhändler. Ein Einfluss auf die Titelvielfalt erscheint - gegeben altruistische Schweizer - minimal; sicher wäre eine direkte Förderung besser geeignet und - da keine ausländischen Grossverlage subventioniert würden - billiger.

Diese kleine Betrachtung ist nur skizzenhaft, aber die weitaus tiefergehenden Untersuchungen im Verfahren vor WEKO, Bundesgericht und Bundesrat kommen zum selben Ergebnis: "[Es] lässt sich allerdings eine Kausalität zwischen Buchpreisbindung einerseits und Titelvielfalt [...] andererseits nicht feststellen."

2012-01-14

Was unterscheidet das Buch von anderen Kulturgütern?

In der Schweiz stimmen wir im kommenden März über ein Gesetz ab, dass im Buchmarkt ein staatlich geschütztes, privates Monopol einführen soll (Bundesgesetz über die Buchpreisbindung BuPG). Als hehres Ziel wird der Schutz des »Kulturguts Buch« ins Felde geführt - aber wieso muss dieses speziell (anders als andere Kulturgüter) geschützt werden?

Schon das Gesetzesentwurf enthält wesentliche Einschränkungen (Art. 3):

nicht als Bücher gelten namentlich Zeitungen, Zeitschriften, Musiknoten und kartografische Erzeugnisse

Auf der einen Seite wird also sehr viel als 'Buch' geschützt, auch wenn der überwiegende Teil herzlich wenig mit Kultur zu tun hat, andererseits werden wichtige Kulturelemente ausgenommen. Ist Musik weniger schützenswert? Was ist mit Zeitungen, die nicht nur kulturell wichtig sind, sondern zudem als Presse für das Funktionieren des Staats elementar?

Wenn ich ein Drehbuch auflege soll ich verpflichtet sein, einen Fixpreis zu definieren... wenn es dann aber jemand vorliest, kann er beliebige Ticketpreise verlangen? Wenn ich es singe, als Stück vorspiele oder als Film produziere ist der Preis nicht fixiert? Ich darf (grosszügigerweise) verschiedene Preise für Hardcover und Taschenbuch definieren, aber als eBook ist der Preis nicht fixiert. Ist der Charakter als Kulturgut irgendwie mit dem Papier verbunden?

Die Befürworter sagen, der Buchmarkt komme dafür (fast) ohne Subventionen aus. Aber das ist bei Annahme des Gesetzes natürlich nur rein formal richtig - die Subventionen werden dann einfach über künstlich zu hohe Preise eingezogen.

Was unterscheidet also das Buch von anderen Kulturgütern?